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1. Einführung

Kunstvermittlung findet nicht mehr nur im Museum statt. Digitale Angebote dienen dazu, ein möglichst vielfältiges Publikum auch jenseits der Museumsmauern zu erreichen – und dies nicht erst in Zeiten von Corona! Digitale Formate sollen dabei keinesfalls den Besuch im Museum überflüssig machen. Vielmehr geht es darum, ein interessiertes Publikum anzusprechen, das dazu eingeladen werden soll, sich die Originale vor Ort im Museum anzusehen und damit auch die Sammlung in ihrer Gesamtheit zu erkunden. Gerade während des durch die Pandemie erzwungenen Shutdown der Kultureinrichtungen haben sich uns allen eindrücklich die Bedeutung und die Möglichkeiten digitaler Kunstvermittlung gezeigt: Plötzlich waren die digitalen Angebote der Häuser der einzige Weg, über den die Museen ihr Publikum und umgekehrt auch das Publikum seine Lieblingswerke in den Museen erreichen konnte! Dabei hat sich auch gezeigt, dass die Nutzerinnen und Nutzer der Internetangebote schon seit längerem nicht mehr nur aus sogenannten Digital Natives bestehen.

Lucca Madonna in der Digitalen Sammlung des Städel Museums

Die "Lucca-Madonna" von Jan van Eyck in der Digitalen Sammlung des Städel Museums.

Die Möglichkeiten digitaler Vermittlung gehen weit über das bloße Bereitstellen einer simplen Online-Dokumentation aller Objekte eines Museums hinaus. Für das Publikum besonders ansprechend sind digital erzählte Geschichten – Digital Stories eben -, die interessante Hintergrundinformationen liefern, heute manchmal nicht mehr auf den ersten Blick verständliche Geschichten erklären und dabei die Blicke der Betrachtenden in einer Guided Tour auf Einzelheiten lenken, die ihnen sonst vermutlich sogar vor dem Original entgangen wären. Die Digitalen Stories eignen sich daher besonders gut dazu, die Werke der eigenen Sammlung, einzeln oder im Zusammenhang mit anderen Werken, verständlich zu erklären, Hintergründe zu ihrer Entstehung, zu ihrer inhaltlichen Botschaft oder auch zu ihrer Materialität zu liefern. Ziel ist es, das Interesse des Publikums, das im Sinne einer möglichst breiten, inklusiven Kunstvermittlung auch ohne Vorkenntnisse kommen darf, zu gewinnen, um es auf diesem Wege auf das eigene Erleben der Originalwerke im Museum selbst neugierig zu machen.

Die Digitale Story kann dabei sehr unterschiedlich aussehen. Ein Blick auf die Websites der Museen und anderer Kulturinstitutionen zeigt die ganze Vielfalt der Möglichkeiten. Doch wie können wir eine ansprechende Story selbst erstellen? Welche Werkzeuge brauchen wir, welche Schritte sind nötig und was gilt es zu beachten? Der vorliegende Online-Workshop zum Digitalen Storytelling in der Kunstgeschichte soll genau das beantworten. Der Workshop lädt zum Ausprobieren ein und begleitet die Teilnehmenden, die auf diese Weise selbst zu Autor:innen werden können, Schritt für Schritt auf dem Weg zu einer erfolgreichen Story, die anschließend digital ansprechend gestaltet wird - und so ihren Auftritt vor einem interessierten Publikum im Netz finden kann.

Storyboard Lucca-Madonna

Beispiel eines Storyboards wie wir es in Kapitel 2.4 "Storyboard erstellen" behandeln.

Im Zentrum einer gelungenen Digitalen Story steht natürlich die erzählte Geschichte selbst. Für deren Gestaltung gibt es einige Punkte, die im Vorfeld bei der Ausarbeitung berücksichtigt werden sollten. Eine Digitale Story kann sich natürlich mit Werken sämtlicher Gattungen und aller Epochen beschäftigen. Es kann sich also um ein Gemälde, eine Zeichnung oder Druckgrafik, eine Fotografie oder einen Film, um eine Skulptur, ein Werk der angewandten Kunst oder auch der Architektur handeln.

Dieser Workshop liefert nicht nur eine Anleitung zum Erstellen einer spannenden eigenen Digitalen Story, sondern auch die Informationen, die für eine erfolgreiche technische Umsetzung mithilfe des Storiiies-Editors von Cogapp notwendig sind. Die Digitale Story wird hierbei zunächst vorbereitend in einzelne Textsegmente gegliedert. Jedem Textsegment wird der dazu passende Bildausschnitt gegenübergestellt. In Form eines Storyboards lässt sich so bereits ein guter Überblick über den Gesamtverlauf der Erzählung verschaffen und die technische Umsetzung hin zur Digitalen Story gelingt leichter. Hierbei werden die Textsegmente und Bildausschnitte dann zusammengeführt und in einem Editor abgespeichert. Nach der Überführung der Story in den Editor wird ein Link zum Viewer erstellt, über den die Digitale Story betrachtet und auch mit anderen geteilt werden kann. Der Storiiies-Editor arbeitet mit dem International Image Interoperability Framework (IIIF), das im dritten Kapitel ausführlich vorgestellt wird und das, neben der Möglichkeit Digital Stories zu erstellen, auch über ein großes Potenzial für das sonstige Arbeiten mit digitalen Bildern verfügt (zum Beispiel dem Animal Crossing Art Generator vom Getty Museum oder der im Rahmen von Coding da Vinci entstandenen App Cover Boutique).

Wie eine solche Digitale Story aussehen kann, zeigt das folgende Beispiel anhand eines Gemäldes von Jan van Eyck, der “Lucca-Madonna”. In dieser Digitalen Story geht es um die Frage, wer im Bild eigentlich dargestellt ist: Wenn Maria hier beim Stillen ihres Neugeborenen gemeint ist, warum findet das in einem Palast und nicht im Stall von Bethlehem statt?

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